Woraus besteht die Welt?


Woraus die Welt besteht, ist eine grundlegende Frage der Philosophie. Schon vor über 2000 Jahren haben sich die Philosophen das gefragt. (Meistens waren es Männer, denn in der antiken griechischen Gesellschaft durften meistens nur die Jungen und Männer sich bilden und Wissenschaft betreiben.)

Die Philosophen der Antike haben festgestellt, dass es unterschiedliche Stoffe gibt, aus denen die Welt besteht, zum Beispiel Luft, Wasser und Erde. Sie haben auch gemerkt, dass sich Stoffe verwandeln können, zum Beispiel kann Wasser zu Eis oder zu Dampf werden. Aus der Erde wachsen Pflanzen. Feuer kann Dinge verbrennen oder schmelzen. Aus Mehl und Wasser kann, wenn man es mit Feuer bäckt, Brot entstehen.

Man kann also sagen: Die Welt ist ziemlich kompliziert, sie besteht aus so vielen verschiedenen Dingen, die sich auch noch vermischen und verwandeln können. Wie kann man dieses Durcheinander ordnen und verstehen, woraus es eigentlich besteht?

Urstoff

Eine Möglichkeit ist, davon auszugehen, dass es eigentlich nur einen Stoff gibt, aus dem alles andere entstanden ist. Zum Beispiel das Wasser: Der Philosoph Thales (er hat vor mehr als 2500 Jahren gelebt) stellte sich vor, dass zu Beginn der Welt das ganze Universum aus Wasser bestand und dass sich daraus die Erde und der Himmel entwickelt haben. Denn er hatte beobachtet, dass bei allen wichtigen Dingen Wasser im Spiel ist: Alle Lebewesen brauchen es zum Leben. Und auf der ganzen Erde ist Wasser zu finden.

Er wusste noch nicht, wie sich die Planeten und die Sterne bewegen und auch nicht, warum es auf der Erde Bewegungen wie Erdbeben gibt. Er konnte sich gut vorstellen, dass überall sehr viel fließendes Wasser ist, das diese Bewegungen verursacht. Daher dachte er, dass Wasser am Anfang der Entstehung aller Dinge war und dass das der „Urstoff“ ist, aus dem alles andere entstanden ist.

Veränderung oder „ewiges Sein“?

Viele Philosophen dieser Zeit waren sich nicht einig: Verändert sich die Welt oder bleibt sie in Wahrheit immer gleich?

Wenn man denkt, dass die Welt aus einem „Urstoff“ entstanden ist, zum Beispiel aus Wasser, dann denkt man, dass sich alles immer verändert, dass es eine Entwicklung gibt: Erst war überall Wasser, dann ist die Welt entstanden, und seitdem sorgt das Wasser weiter für Veränderung.

Der griechische Philosoph Heraklit (er hat etwas später gelebt als Thales) hat zum Beispiel gesagt: „Man kann nicht zweimal in denselben Fluss steigen“. Damit meinte er, dass sich alles immer verändert und dass es jedes Mal anderes Wasser ist und der Fluss sich ein bisschen verändert hat, wenn ich hineinsteige.

Es gab aber auch Philosophen, die glaubten: Das kann nicht sein, dass sich ständig alles verändert. Sie dachten: Es sieht nur so aus, als ob es sich verändert. In Wahrheit gibt es, sozusagen im „Inneren“ der Dinge, keine Veränderung. Zum Beispiel könnte es doch sein, dass es mehrere Stoffe oder Substanzen gibt, die immer gleich bleiben. Sie vermischen sich immer neu, deshalb haben wir das Gefühl, alles verändert sich. In Wirklichkeit aber sind es unveränderliche Dinge, die sich immer wieder neu vermischen und uns deshalb den Eindruck geben, dass alles in Veränderung ist.

Was ist das Unveränderliche?

Verschiedene Philosophen haben sich die unveränderlichen Dinge unterschiedlich vorgestellt. Zum Beispiel Empedokles (er hat etwas später als Heraklit gelebt): Er hatte die Vorstellung, dass es vier Elemente geben würde: Erde, Wasser, Luft und Feuer. Alles, was es gibt, ist für ihn eine Mischung aus zwei oder mehr von diesen Grundstoffen. Sehr leichte Gegenstände haben dann vielleicht einen großen Anteil Luft, sehr schwere einen großen Anteil Erde. Und fließende Dinge bestehen vielleicht zu einem großen Teil aus Wasser.

Sehr viele Philosoph*innen haben diese Vorstellung von den vier Elementen übernommen. Der berühmte Philosoph Platon (er hat ein bisschen später gelebt als Empedokles) stellte sich zum Beispiel vor, dass Metalle eine Form von Wasser sind – denn sie können ja schmelzen. Eisen war für ihn zum Beispiel Wasser mit ein bisschen Erde – und diese Erde zeigt sich, wenn das Eisen rostet.

Platon stellte sich vor, dass alle Dinge aus sehr kleinen Teilchen zusammengesetzt sind: Erde, Wasser, Luft und Feuer: Jedes dieser Elemente hat eine eigene, spezielle Form. Und wenn sich zum Beispiel Wasser und Luft vermischen, vermischen sich Teilchen von zwei verschiedenen Formen.

So sehen die so genannten „platonischen Körper“ aus:
Tetraeder:
Feuer
Oktaeder:
Luft
Ikosaeder:
Wasser

Hexaeder (Würfel):
Erde

Es gibt noch einen fünften „platonischen Körper“, das Dodekaeder. Platon ging nicht von vier, sondern von fünf Elementen aus. Das fünfte Element nannte er „Äther“. Dessen Teilchen hatten in Platons Theorie die Form von Dodekaedern.

Dodekaeder:
Äther

(Quelle der Grafiken: https://commons.wikimedia.org/wiki/Platonic_solid)

In Platons Vorstellung bestehen alle Dinge auf der Welt aus klitzekleinen Teilchen, die diese Formen haben.

Von klitzekleinen Teilchen habt ihr vielleicht schon einmal gehört. Wir nennen sie Atome. Die Vorstellung, dass es Atome geben könnte, ist sogar schon vor der Zeit Platons entstanden. Der Philosoph Demokrit hat sich das Wort átomos ausgedacht. Es bedeutet: Das Unzerschneidbare. Atome können also nicht weiter zerteilt werden – sie sind die kleinsten Teilchen.

Verschiedene Philosoph*innen haben sich diese kleinsten Teilchen, die so klein sind, dass wir sie nicht sehen können, auch verschieden vorgestellt.

In einer Sache sind sich aber alle einig: Die Atome können sich zwar immer neu mischen, aber jedes einzelne Atom bleibt immer gleich. Es sieht also nur so aus, als ob sich die Welt verändert – in ihrem Innersten, in ihren kleinsten Teilchen, bleibt sie gleich.

Atome können auch nicht entstehen oder zerstört werden, sie sind immer da, man sagt auch: ewig.

Daher sagen Philosoph*innen, die glauben, dass die Welt aus vier Elementen oder aus Atomen, jedenfalls aus unveränderlichen Teilen (oder Teilchen) zusammengesetzt ist, dass die Welt in Wahrheit nicht verändert, sondern immer gleich ist. Heraklit und andere glaubten dagegen, dass die Welt sich ständig verändert und nie gleich bleibt. Dass sie zum Beispiel aus einem Urstoff entstanden ist, und weiter im Werden ist.

Form und Materie

Es scheint also nur zwei Möglichkeiten zu geben: Entweder alles verändert sich ständig – oder nichts verändert sich.

Irgendwie widerspricht das unseren eigenen Erfahrungen: Wir sehen sowohl, dass Dinge bleibend sind, als auch, dass Dinge sich verändern.

Es hat aber einen Grund, warum die Philosophen vor so langer Zeit das Gefühl hatten, sich entscheiden zu müssen: Entweder gibt es Veränderung, oder nicht. Sie waren nämlich sicher, dass aus Nichts nicht plötzlich Etwas werden kann. Wie sollte also etwas Bleibendes entstehen?

Aristoteles (er lebte noch ein bisschen später als Platon) hatte eine Idee: Vielleicht gehören zur Wirklichkeit nicht nur Stoffe und Teilchen, vielleicht gehören auch Formen dazu?

Wenn ein Haus gebaut wird, dann ist es erst nicht da – da ist nur ein Haufen Steine. Und dann werden sie zusammengesetzt – und dann ist da ein Haus. Es war erst nicht da, aber die Steine waren schon da, und dann wurden sie in die Form des Hauses gebracht. Und dann war da ein Haus.

Formen sind wie die Möglichkeiten, was aus den Stoffen – oder der Materie, wie auch gesagt wird – werden kann. Ohne sie kann man sich gar nicht vorstellen, wie etwas aus der ewigen Materie entstehen sollte.

Aristoteles’ Idee von den Formen kann also die Vorstellung von der Veränderlichkeit der Welt und die Vorstellung von der Unveränderlichkeit der Welt verbinden.

Leere

Wenn wir wissen wollen, woraus die Welt besteht, dann ist auch eine Frage: Besteht die ganze Welt aus „Etwas“, oder besteht ein Teil der Welt vielleicht auch aus „Nichts“?

Demokrit hatte zum Beispiel die Vorstellung, dass die Atome das sind, was ist – und dass um sie herum Leere ist. Zwischen den Atomen ist also nichts.

Parmenides (er lebte zur gleichen Zeit wie Heraklit) dagegen konnte sich nicht vorstellen, dass es ein Nichts gibt. Für ihn war die Welt ewig und vollständig und alle Veränderung nur scheinbar.


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Glaubst du, dass die Welt sich immer verändert – oder bleibt sie immer gleich?
Glaubst du, dass sie aus Teilchen zusammengesetzt ist oder ist sie ein Ganzes?
Gibt es eine Art „Liste der Formen“ an denen sich die Materie orientiert, wenn sie sich verändert?
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